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DJF: Fünf Fragen an ... Alexander Böhm

Alexander Boehm Screenshot

Alexander Böhm betreibt seit 2008 den YouTube-Kanal AlexiBexi. Durchbruch bei YouTube bekam er, als er dort ab 2010 bekannte englischsprachige Lieder auf Deutsch synchronisierte. Auf seinem Kanal erscheinen mittlerweile in unregelmäßigen Abständen auch Videos mit politischem oder erklärendem Inhalt. Besondere Popularität genießen hierbei der "Erklärbär" und "So ein Scheiss". Im "Erklärbär" beantwortet er zum Teil Zuschauerfragen, widmet sich oft aber auch kuriosen Rezepten und Experimenten. Böhm ist in vielen Webvideos anderer YouTuber und arbeitet auch als Synchronsprecher. Er wurde schon als "Bully Herbig des Nordens" bezeichnet.


1. Deinen YouTube-Kanal AlexiBexi haben mehr als 1,4 Millionen Menschen abonniert. Es müssen vielleicht nicht gleich Millionen sein aber wie erreicht man heutzutage möglichst viele Menschen auf YouTube? Wie hast du Reichweite geschaffen?

Meine Reichweite ist ein über mehrere Jahre aufgebautes Konstrukt aus unterschiedlichsten Themen und Charakterzügen vereint in einem zeitloseren Output der bisher auf der Plattform alternativlos ist, da er sich keiner Kategorie zuschreiben lässt. Das ist Fluch und Segen zugleich, aber mir war und ist es wichtiger das tun und zeigen zu können, was mich persönlich interessiert und nicht gezwungen zu sein jedem Trend hinterherlaufen zu müssen, damit die Aufmerksamkeit gegeben ist. Deswegen würde ich aus meiner bescheidenen Erfahrung sagen, dass Ausdauer die wichtigste Variabel ist, um nachhaltig Reichweite (und viel wichtiger „Engagement!“) zu schaffen. Ob die Ausdauer nur ein paar Wochen, Monate oder auch einige Jahre benötigt: Die Zeit kommt irgendwann für jeden – der Rest (Wie viel Reichweite reicht um Reichweite zu haben?) ist dann Definitions- und Zielgruppensache.

2. YouTube hat sich im Angebot in den vergangenen Jahren stark verändert – weg vom „Blödel-Kanal“, hin zu handfesten Formaten und Informationen. Wie stehst Du zu journalistischen Angeboten auf YouTube? Gibt es davon schon genug und schätzt du deren Qualität ein? Gibt es Best Cases, nach denen sich Verlagshäuser und Journalist_innen richten können?


Es hat sich beides gleichermaßen entwickelt. Es gibt weiterhin (zu) viel Blödel-Content aber deutlich mehr redaktionelle Inhalte. Wer oder was nun effektiv „redaktioneller Inhalt“ aus der Sicht des durchschnittlichen YouTube-Zuschauers ist, ist auch noch Auslegungssache. Wenn wir uns aber nach klassischen Kriterien richten, landen wir schnell bei FUNK. Die haben es geschafft, unglaublich gute und sich ständig der Zielgruppe dynamisch anpassenden Kanäle zu etablieren (MaiLab und co.) und sind weiterhin dabei neue aufzuziehen (DR. FLOJO). Sei es auf YouTube oder der von klassischen Medienhäusern weiterhin zu Unrecht belächelten Plattform TikTok. Das hat nichts mit „vorhandenen finanziellen Mitteln“ zu tun (was gern als Ausrede genutzt wird), sondern mit Know-how und Kompetenz. Und die hat FUNK – durch das Reinholen der richtigen/etablierten Kolleg_innen aus dem Business – mehr als genug.

3. Ein Gedankenspiel: Wenn Du verantwortlicher Redakteur in einem Verlagshaus wärst, was für einen journalistischen Kanal mit welchen Inhalten würdest Du bei YouTube anbieten?


Ich will hier nicht den Job für andere machen ;) Aber es lohnt sich auf das zu gucken, was auf Plattformen wie YouTube, Twitter und TikTok (!) in den Trends steht. Damit zu spielen, trifft in der Regel jeden Gusto – ob vom Sender oder Empfänger.

4. Welches Potenzial hat YouTube für Journalist_innen? Worauf sollten sie bei der Nutzung achten?


Wer klassischen Journalismus betreiben möchte, der ist auf YouTube als explizite Plattform evtl. falsch. Der kann seinen Beitrag in der Tagesschau abliefern und auf YouTube als zusätzliche Ausspielung hochladen. Moderner Journalismus muss eine (inhaltliche) Wechselwirkung aller relevanten Plattformen sein (wie z.B. YouTube, Twitter, TikTok). Ein Journalist muss mit seinen Inhalten zwar eine übergeordnete Aussage haben, sie (und sich) jedoch dynamisch anpassen können, damit sie (und der Journalist) gehört wird. Nicht alles ist relevant für YouTube. Nicht alles ist relevant für TikTok. Dennoch ist alles für alle mehr relevant denn je. Oder anders: Ein Journalist muss Content Creator sein bzw. werden, um bestehen bzw. sich behaupten zu können. Wer sich dieser (sich etablierten) Realität weigert, wird immer mit Frust und Neid auf andere schauen.

5. YouTube ist mittlerweile schon 15 Jahre alt. Du bist durch die Plattform erfolgreich geworden. Siehst du auch deine Zukunft bei YouTube oder sind andere Kanäle für dich interessanter geworden?


YouTube wird immer mein „Place to be“ sein. Dennoch ist hier noch lange nicht Schluss. Ich experimentiere weiterhin mit Inhalten und Plattformen – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Aber nur so kann ich herausfinden, wie ich welche Zielgruppe bedienen kann bzw. welche ich davon bedienen möchte. Denn auch Scheitern ist mit der wichtigste Teil von Erfolg. TikTok wird in den kommenden Wochen und Monaten ein enorm großes Thema und geht inhaltlich Hand in Hand mit dem, was mich sonst noch so umtreibt. Wir leben aktuell in einer Zeit mit den besten Chancen, Möglichkeiten und Potentialen für (Social) Content Plattformen und vor allem: geht's einher mit einem stark gewachsenen Verständnis. Nicht bei allen, aber bei vielen. Hätte es Corona nicht gegeben, wären wir noch ein ganzes Stück weiter davon entfernt.