Zum dritten Mal fand der Constructive Journalism Day statt – erneut mit anregenden Diskussionen, spannenden Experten-Insights und zum ersten Mal mit einem interaktiven Idea Sprint Tasting. Die eintägige Fachveranstaltung der Hamburg Media School und NDR Info, unterstützt durch die Schöpflin-Stiftung, fand in diesem Jahr erstmals digital statt, der Wissensaustausch war aber so intensiv wie gewohnt. Aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen machen das Thema noch wichtiger als je zuvor.
Hamburg, 11. November 2020. Am Dienstag, den 10. November 2020 fand im dritten Jahr in Folge der Constructive Journalism Day statt. Rund um das Thema „Konstruktiver Journalismus“ gab es Keynotes und Diskussionen mit renommierten Expertinnen und Experten aus der Branche sowie Gruppen-Workshops mit einem Idea Sprint Tasting. 2018 fand die Fachtagung zum ersten Mal statt, ins Leben gerufen vom berufsbegleitenden Masterstudiengang "Digitaler Journalismus" der Hamburg Media School und NDR Info.
Los ging es im ersten Teil der Veranstaltung via Videostream aus dem Rolf-Liebermann-Studio des NDR. Adrian Feuerbacher (Programmchef von NDR Info und Chefredakteur beim NDR Hörfunk) moderierte und diskutierte zunächst mit Prof. Dr. Alexandra Borchardt (Journalistin und Beraterin sowie journalistische Leiterin für das Digital Journalism Fellowship an der HMS) über das Thema. Sie erläuterte ihre Sicht auf das Thema und die Relevanz anhand des Beispiels US-Wahl: „Das Thema ist extrem wichtig; die Menschen wollen nicht nur wissen, wie die Wahl ausgegangen ist, sondern auch, wie es jetzt weitergeht, und wie diese polarisierte Gesellschaft in den USA wieder zusammenfindet.“ Auch Corona sei eine aktuelle Herausforderung, die Menschen bräuchten Perspektive und Hoffnung. Adrian Feuerbacher nahm zudem das Feedback der NDR-Hörer mit in die Diskussion auf, die beklagten, dass die Berichterstattung immer weniger mit ihrem Alltag zu tun habe und es nur noch um Krisen und Probleme in der Welt gehe. Der Wunsch nach Lösungen sei also groß.
Bastian Berbner (Redakteur bei der Zeit und Macher des preisgekrönten Podcast „180 GRAD: Geschichten gegen den Hass“) hielt die erste Keynote-Rede. Er erklärte, dass die Menschen ihre Informationen aus den Leitmedien erhielten. Diese fokussierten sich allerdings auf das Negative, das Spannendere, sodass die Menschen die Welt dann als für gefährlicher hielten, als sie eigentlich sei. Er appellierte an die Verantwortung der Journalisten, keine Ängste zu schüren, wo keine seien, und konstruktiven Journalismus im Redaktionsalltag so selbstverständlich wie investigativen Journalismus einzusetzen. Nina Fasciaux (Solutions Journalism Network) erklärte in ihrer Keynote, dass der Hauptgrund, warum sich das Publikum von den Nachrichten abwendet, die Negativität der Berichterstattung sei. Sie rät Medienschaffenden dazu, mehr mit dem Publikum zu interagieren, Probleme zu identifizieren, Lösungen vorzuschlagen und anschließend mit den Rezipient*innen zu diskutieren.
In der gemeinsamen Podiumsdiskussion kamen noch Ellen Heinrichs (Leiterin des Digital Programing bei der Deutschen Welle) und Johannes Meyer (Journalist u.a. für Das Erste, n-tv und RTL) dazu. Unter anderem ging es darum, wie schwierig es sei, die Macht der Gewohnheit zu durchbrechen, so auch für Journalist*innen. Strukturelle Gründe in Redaktionen führten ebenfalls dazu, dass es erst einmal einen Fokus auf negative Geschichten gebe. Allerdings steige vor allem in digitalen Redaktionen, in denen Nutzungszahlen eine wichtige Rolle spielen, der Gebrauch von konstruktivem Journalismus, denn dieser fördere notwendige Diskussionen mit den Rezipient*innen. Das Publikum dürfe keineswegs unterschätzt werden, es möchte inspiriert werden – das muss in Redaktionen mitgedacht werden. Gehe es in einem Artikel um Lösungen und Perspektiven, steige auch die Nutzungsdauer, Kommentare seien qualitativ hochwertiger und Nutzer*innen seien gewillter, für Journalismus zu zahlen.
Der zweite Teil der Fachveranstaltung am Nachmittag fand als ein Idea Sprint Tasting statt. Etwa 25 Journalist*innen hatten sich angemeldet, um innerhalb kürzester Zeit, neue Konzepte zum konstruktiven Journalismus zu entwickeln. Sie fanden sich in divers zusammengesetzten Gruppen via Videokonferenz zusammen und entwickelten zusammen mit den Coaches Johannes Meyer, Barbara Maas (Journalistin, Trainerin und Workshop-Moderatorin) sowie Eva Werner (Expertin für Storytelling) mithilfe agiler Design-Thinking-Methoden in verschiedenen thematischen Bereichen Lösungsansätze. Am Ende zeigte sich vor allem eines: Konstruktiver Journalismus muss mit dem Publikum entstehen. Ein Austausch auf allen Ebenen ist wichtig, um Themen und Theorien zu identifizieren, die das Publikum wirklich interessieren, diese einzuordnen und mit weiteren Informationen zu versehen, und das Publikum nicht ohne Perspektive alleine zu lassen.
Der erste Teil des Constructive Journalism Day wurde live im Radio auf NDR Info Spezial übertragen und kann auf der NDR-Website auch nachträglich angeschaut werden. Die Verantwortlichen blicken auf eine erfolgreiche Veranstaltung zurück.
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