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FILM

Den Goldjungen in Bronze abgeräumt

von LUISA MARIE SCHINDLER am 14.12.2023

Für den Abschlussfilm „ISTINA (Wahrheit)“ gab es den Studierenden-Oscar in Bronze: Das Team bestehend aus David Marius Lorenz (Drehbuch), Christian Siée (Produktion), Tamara Denić (Regie) und André Stahlmann (Bildgestaltung) spricht im Interview über die Verleihung in L.A. am 24.10.2023 und ihren preisgekrönten Film.

CHMS Verleihung Gruppenbild

Istina (Wahrheit) ©HMS

Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Studierenden-Oscars! Wie fühlt es sich an, diese Auszeichnung zu erhalten?
Tamara
: Es ist einfach großartig, diese Auszeichnung zu erhalten. Gerade bei einem Thema wie diesem, ist es toll zu wissen, dass es international von Bedeutung ist und Menschen berührt.
Christian
: Es ist eine riesige Anerkennung und Ehre! A dream come true! Surreal und wurde dann erst real als wir neben den großen goldenen Oscar-Statuen in L.A. standen.
David
: Ich denke, wir sind alle ziemlich stolz und glücklich darüber, dass die harte Arbeit des gesamten Teams auf diese Weise gewürdigt wird, und dass der Film dadurch viel Aufmerksamkeit erhält und gesehen wird.
André
: Dass der Film diese Auszeichnung erhält, ist natürlich der pure Wahnsinn. Es ist vor allem aber eine sehr schöne Anerkennung für das gesamte Team, von dem jede:r Einzelne so viel Energie und Zeit in dieses große Projekt gesteckt hat. Und es zeigt, dass unser Film die Menschen berührt. Dafür bin ich sehr dankbar, denn das ist auch einer der Gründe, warum ich das Filmemachen so liebe.

Welche Eindrücke bringt ihr von der Verleihung aus L.A. mit?

Christian
: L.A. ist das Zentrum der weltweiten Filmbranche und die Macher-Mentalität in den Staaten ist sehr inspirierend. Die Zeit in in L.A. mit den Oscars sind Erinnerungen fürs Leben und als dann der eigene Film im berühmten Samuel Goldwyn Theater gezeigt wurde, war das eine große Ehre.
David
: Die Verleihung und die Woche in L.A. waren wirklich intensiv und absolut unvergesslich. Es war faszinierend, so viele inspirierende Menschen der Branche zu treffen und die Leidenschaft, die in der Filmwelt dort so spürbar sind, hautnah zu erleben. Hollywood hat einfach immer noch seine magischen Seiten.
André
: Das Flair in Los Angeles ist schon ganz besonders, es ist einfach das Zentrum der Filmbranche und das spürt man auch.
Tamara
: Ich erinnere mich daran, dass ich während des Screenings und der Verleihung einfach nur dachte: Wahnsinn, so viele großartige Filme von so talentierten Filmemacher:innen weltweit - und unser Film ist unter ihnen - was für eine Ehre.

Habt ihr euch auf die Verleihung vorbereitet? Wenn ja, wie?

Tamara
: Ja, meine Rede habe ich vorbereitet. Das gute ist ja, dass wir wussten, dass wir was gewinnen werden. Das ist sonst nicht der Fall. Trotzdem waren wir ziemlich aufgeregt, weil das ja doch einer der wichtigsten Auszeichnungen für Nachwuchsfilmemacher:innen ist.
Christian
: Ich habe mich mit Bekannten unterhalten, die schonmal dort waren, und einige Filmschaffende und Freunde kontaktiert, die ich dann in L.A. getroffen habe.
David
: Ich musste meine Garderobe ein wenig aufstocken, um nicht wie ein Konfirmand auszusehen.
André
: Nun ja, Fliege, Jacket… Das passende handgepäcktaugliche Outfit zu finden, war eigentlich die größte Herausforderung...

Könnt ihr uns etwas über euren preisgekrönten Film erzählen? Was war die Inspiration dahinter und wie habt ihr ihn umgesetzt?

Tamara
: Die Idee stammt von Drehbuchautor David. Als klar war, dass ich die Regie mache, war es mir ein Anliegen, meinen kulturellen Hintergrund einfließen zu lassen. Serbien ist aber auch geopolitisch sagen wir mal ein „spannendes“ Land im Westbalkan. Denn seit Aleksandar Vučić Präsident ist die Pressefreiheit dort sehr eingeschränkt.
Christian
: Einer meiner besten Freunde ist als Journalist aus Kolumbien geflohen, wo er immer noch für verschiedene Tageszeitungen und Blogs schreibt. Es ist heftig, wie viele Hassnachrichten er bekommt. Menschen wie ihm eine Stimme zu geben und in unserem Film zu zeigen, wie die Bedrohung von außen in dieser Arbeit bis ins Privatleben hineinreicht, war mir deswegen auch ein persönliches Anliegen.
David
: Während der Stoffsuche habe ich erlebt, wie stark manche Medienschaffende in der Ausübung ihrer Arbeit bedroht werden. Das brachte mich auf die Grundidee, aus der Perspektive einer Journalistin (und ihrer Tochter) zu erzählen, die „einfach“ ihren Job gut machen will.
André
: Für die Umsetzung war es uns wichtig, so authentisch wie möglich zu erzählen, und haben daher vorab viele Gespräche mit Journalist:innen geführt. Natürlich handelt es sich um einen szenischen Film und die Geschichte selbst ist frei erfunden, aber die Geschehnisse basieren alle auf Ereignissen, die Journalist:innen so oder ähnlich schon einmal erlebt haben. Für uns war dann bald klar, dass wir eine lebendige Kamera brauchen. Dieser Ansatz brachte uns schließlich zu dem Format 1:1.66, das am ehesten an das klassische Fotoformat herankommt.

Welche Herausforderungen gab es während des Produktionsprozesses und wie seid ihr damit umgegangen?

Christian
: Es gab unglaublich viele Herausforderungen, wenn man bedenkt, dass wir ISTINA in zwei Ländern mit zwei Crews, einem Cast aus vier Ländern, einem Kind in der Hauptrolle, in einer Fremdsprache und die aufwendigen Demos gedreht haben und das alles noch unter Coronabedingungen. Es war es sehr schwierig das Budget für den Auslandsdreh sowie einen Drehort für die Demos zu finden.
David
: Für mich als Autor war es eine spannende Herausforderung, stets offen für die zahlreichen, teils sehr unterschiedlichen Ideen und Kritiken zu sein, die aus so vielen verschiedenen Richtungen zum Drehbuch kamen. Diese dann abzuwägen und ggf. Anpassungen vorzunehmen, ohne dabei die ursprüngliche Intention bzw. die eigene Stimme zu verlieren war manchmal ganz schön tricky.
André
: Für mich als DoP waren die Demonstrationsszenen in Deutschland mitunter die größte Herausforderung. Wir hatten teilweise nur 20 Kompars:innen zur Verfügung und dann galt es, mit der Kamera und Hilfsmitteln wie Rauch und Lichteffekten aus einer kleinen Menschenmenge eine große zu machen.
Tamara: Ehrlich gesagt war alles eine Herausforderung. Der Auslandsdreh, die aufwendigen Demoszenen, die Stuntproben, das Casting. Die größte Herausforderung für mich als Regie war, neben all der Zeitknappheit, Orga und Logistik sich den Raum für die Kreativarbeit frei zu kämpfen. Denn die passiert im Stillen, im Kopf und im Herzen ist für einige leider schwer nachvollziehbar, da sie nicht „sichtbar“ ist.

Welchen Rat würdet ihr den Filmstudierenden an der HMS geben, die davon träumen, eines Tages ebenfalls einen Studierenden-Oscar zu gewinnen?

Tamara
: Nie Filme machen, weil man sich Preise und Ruhm erhofft. Das ist die falsche Intention, denke ich. Stattdessen sollte Ziel sein, mit Herzblut, Hingabe und Authentizität den Film zu machen, den man machen will und sich dabei treu bleiben.
Christian
: An sich selbst und an das, was man selbst für richtig hält. Es gibt immer viele Meinungen, aber man muss den eigenen Weg und eine eigene Vision finden. Es lohnt sich für seine Träume zu arbeiten.
David
: Work hard and be nice. Aber vor allem: den Spaß an der Sache nicht zu verlieren! Denn letztendlich ist beim Filmemachen, wie bei so vielem, der Weg selbst das eigentliche Ziel.
André
: Bleibt bei euch und den Geschichten, die ihr erzählen wollt. Dreht mit Herz.

Wie hat euer Umfeld auf euren Erfolg reagiert? Gab es besondere Reaktionen oder Unterstützung von Freund:innen, Familie oder Mentor:innen?

Tamara
: Alle sind komplett ausgerastet und es ist auch so schön, dass meine Familie in Bosnien und Serbien besonders stolz sind. Viele Menschen aus der Region freuen sich, dass eine Regisseurin mit diesem Migrationshintergrund gewonnen hat.
Christian
: Meine Eltern und gesamte Verwandtschaft platzt natürlich vor Stolz. Meine Mama hat geweint, als ich aus L.A. angerufen hab. Und auch aus meiner Heimat und von vielen Wegbegleiter:innen erhalte ich teils bis heute liebe Nachrichten.
David
: Alle haben sich total mit mir gefreut, besonders meine Partnerin. Auch in meiner Heimatstadt hatte ich meine „15 minutes of fame“, als ich von einer Zeitung zum „Gesicht der Woche“ gekürt wurde. Das führte zu einem echt berührenden Echo von ehemaligen Lehrer:innen, Schulkamerad:innen und Freund:innen.
André
: Mein Umfeld ist natürlich ganz aus dem Häuschen. Vor allem, weil der Studierenden-Oscar auch den Menschen etwas sagt, die so gut wie nichts mit Film zu tun haben. Mich haben auch viele Nachrichten und Glückwünsche von Wegbegleiter:innen und Unterstützer:innen erreicht, das hat mich sehr gefreut!

Gibt es noch etwas, das ihr unseren Lesenden mitteilen möchtet?

David
: Schaut euch die Arbeiten des Filmstudiengangs der Hochschule an! Und einen riesen Dank an alle, die uns geholfen haben!
Christian
: Dream big! Danke an all die vielen Menschen und Partner*innen, die an ISTINA geglaubt und uns unterstützt haben.
André
: Danke an unser gesamtes Team und danke an die Hamburg Media School für diese zwei wunderbar lehrreichen Jahre!