DIGITAL- UND MEDIENMANAGEMENT / GASTGESPRÄCHE
Olaf Scholz zu Besuch an der HMS
Nach dem Besuch beim „DMF“-Ausbildungsprogramm für Medienschaffende mit Fluchtgeschichte ging es für Olaf Scholz zum zweiten Teil seines Nachmittags an der Hamburg Media School ein Stockwerk höher – dort stand das Gastgespräch mit Medienmanagern und Medienmanagerinnen auf dem Programm. In den knapp 90 Minuten präsentierte Olaf Scholz sich beredt und vertraut mit jenen Herausforderungen für Hamburg und die ansässigen Medienunternehmen, mit denen wir auch im MBA-Studium konfrontiert sind. Hier seien genannt die Digitalisierung, Start-Up-Finanzierung, Ansiedlung von kreativen Digital-Fachkräften sowie die Frage nach der Regulierung von disruptiven Share Economy-Geschäftsmodellen wie beispielsweise von Airbnb oder Uber.
Diese thematische Nähe überrascht insofern nicht, da Scholz ganz zu Beginn seiner inzwischen fünfjährigen Amtszeit als Regierungschef das Amt Medien in der Senatskanzlei neu einordnete (im Gegensatz zu den meisten anderen Landesregierungen gilt dies nicht nur für die Medienregulierung, sondern auch für medienwirtschaftliche Fragen). Von dort wird er seither in seiner Arbeit als Bürgermeister der Stadt über die Entwicklungen in der Medienbranche am Standort Hamburg, aber auch über die Stadtgrenzen hinaus, informiert.
/ Digitalisierung
Fragt man den Bürgermeister nach den ausschlaggebenden Gründen für diese – laut Scholz damals lange überfällige – Entscheidung, taucht man direkt ein in den ersten großen Themenblock des Nachmittags: Der Digitalisierung, die nicht nur den Standort Hamburg, sondern weltweit Soziales, Gesellschaftliches und Wirtschaftliches verändert hat und weiter verändern wird. Die Stadt Hamburg sieht der Bürgermeister dabei im Moment auf einem guten Weg zu dem Ziel, möglichst große Wertschöpfungspotenziale einer digitalisierten Medienwelt auf den Standort Hamburg zu vereinen. Als Regierungschef beschreibt Scholz seine eigene Aufgabe in diesem Prozess vor allem damit, die Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Geschäftsmodelle funktionieren und neu entstehen können.
/ Regulierung von Share Economy
Neuere Online-Plattformen, die auf der Share-Economy aufsetzen und die weltweit ausgesprochen gut funktionieren, sind zum Beispiel Airbnb und Uber. Diese Share-Economy-Anbieter haben mit ihren innovativen Geschäftsideen den Markt aufgemischt und werden unter anderem aufgrund ihres enormen disruptiven Verdrängungspotenzials kontrovers diskutiert. Angesprochen auf diese juristischen Auseinandersetzungen sagt Scholz, ein regulatorischer Eingriff sei stets eine Abwägungsfrage; er betont dabei noch einmal seine Prämisse, für ihn müssten digitale, web-basierte Geschäftsmodelle weiterhin möglich bleiben. Für das Teilen von Übernachtungsunterkünften wurde ein Weg über das Wohnraumschutzgesetz gefunden. Im Fall von privaten Fahrdienstvermittlern weiß der Jurist Scholz indes genau um die gesetzlichen Bestimmungen für Taxi-Anbieter, die Konfliktpotenzial für manche via Uber vermittelte Privatanbieter bergen, die gegen die Bundesgesetzgebung zur Personenbeförderung verstießen. Scholz hob das das Hamburger Unternehmen MyTaxi hervor, das hier einen anderen, gesetzeskonformen Weg gegangen sei.
/ Start-Up-Finanzierung
MyTaxi ist auch deshalb ein gern gewähltes Beispiel, da es neben dem Berufsnetzwerk XING für Scholz zu den Erfolgsgeschichten am Startup Standort Hamburg zählt. Scholz will Strukturen schaffen, in denen auch Start-Ups ohne finanzkräftigen Hintergrund mit guten Geschäftsideen an den Start gehen können. Dabei beruft sich der Bürgermeister auf Erfahrungswerte aus seiner eigenen „Gründungsgeschichte“, nämlich bei der Gründung seiner eigenen Kanzlei, bei der Scholz auch auf die Hilfe von Partnern und wohlgesinnten Unterstützern angewiesen war. Ziel sei es deshalb für Hamburg, so Scholz sinnbildlich, ein Milieu zu schaffen, das als Förderband für Start-Ups funktioniere. Hier sieht er – trotz der erwähnten Vorreiter wie XING oder MyTaxi – noch Verbesserungspotenzial.
/ Ansiedeln von kreativen Digital-Fachkräften
Unentbehrliche Komponente eines solchen Förderband-Milieus in Hamburg ist eine kritische Masse an kreativen Fachkräften, die innovative Ideen digital umsetzen. Um das benötigte Fachpersonal in Hamburg anzusiedeln, müssten vor allem die Lebensbedingungen für Kreative attraktiv gestaltet sein – hier bezeichnet Scholz weiche Standortfaktoren wie den sozialen Wohnungsbau und die ausreichende Verfügbarkeit von Kita-Plätzen als zentrale Faktoren, aber auch Coworking Spaces wie z.B. das betahaus. Im Wettbewerb mit der Hauptstadt Berlin, die Kreative aus der ganzen Welt anzieht, lobt Scholz es als Hamburger Leistung, mit Berlin bloß 300 Kilometer vor der Tür als Kreativ-Standort bisher relevant geblieben zu sein und sicherlich auch zukünftig relevant zu bleiben. Den Prozess der Abwanderung von Unternehmen von Hamburg nach Berlin hält Scholz für abgeschlossen.
Wir verfolgen die medienpolitische Entwicklung der Stadt Hamburg weiterhin gespannt und danken Bürgermeister Olaf Scholz für das so interessante Gespräch im MBA Medienmanagement-Studiengang der HMS.