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Ein Traditionsmagazin im Wandel: Die Hamburg Media School zu Besuch beim stern

von JIL WRIEDEN am 18.11.2025

Wie bleibt ein Magazin mit über 75 Jahren Geschichte relevant im digitalen Zeitalter? Mit dieser Frage im Kopf machten wir uns gemeinsam mit Andreas Wrede auf den Weg zum stern. Einen ganzen Tag lang durften wir hinter die Kulissen des Traditionsmagazins blicken, das sich mitten in einer der spannendsten Transformationsphasen seiner Geschichte befindet.

STERN Gruppenbild DMM26 mit Steffi Dobmeier

Gruppenbild mit Steffi Dobmeier

Der Tag begann um 9 Uhr mit einer Einführung von Steffi Dobmeier, Head of Digital & Editorial Development und Mitglied der Chefredaktion. Sie begrüßte uns herzlich und gab uns einen Einblick in den Aufbau des Hauses sowie in die digitale Produktentwicklung. Anschließend übernahm Giuseppe Di Grazia, stellvertretender Chefredakteur, der seit 25 Jahren beim stern arbeitet und unter anderem stern Crime gegründet hat. Er führte uns durch die Geschichte und Entwicklung der Marke, von den ersten Illustrierten-Jahrzehnten bis zur heutigen multimedialen Redaktion. Dabei wurde schnell deutlich, wie sich der stern über Jahrzehnte hinweg immer wieder neu erfunden hat: mal laut, mal frech, oft provokant und immer auf Augenhöhe mit seinem Publikum.

Besonders interessant fanden wir, wie offen über die Herausforderungen der Digitalisierung gesprochen wurde. Bereits 2013 lagen erste Konzepte für eine digitale Neuausrichtung vor, doch die Geschäftsführung des stern hielt zu lange am erfolgreichen Printgeschäft fest. Erst in den letzten Jahren hat der stern den digitalen Wandel konsequent umgesetzt. Heute arbeiten Redakteur:innen daran, Geschichten so zu erzählen, dass sie sowohl im Heft als auch online funktionieren - eine Umstellung, die nicht nur technische, sondern auch journalistische Veränderungen mit sich bringt.

In einem tieferen Einblick in die Digitalisierung des stern von Steffi Dobmeier erfuhren wir, wie der stern seine visuelle Identität ins Digitale übersetzt hat. Nach dem Website-Relaunch im Oktober 2024 zeigt sich die Marke moderner, klarer und stärker in der Bildsprache. Die neue digitale „Opulenz“ soll das wiedergeben, wofür der stern schon immer stand: starke Bilder, investigative Geschichten und emotionales Storytelling. Besonders beeindruckt hat uns, wie detailverliebt das Designsystem entwickelt wurde, bis hin zur neuen Schrift, zur immersiven Startseite und zu Story-Layouts, die Lesende wirklich „mitnehmen“. Seit dem Relaunch verzeichnet stern.de deutlich steigende Abozahlen, auch wenn die größte Herausforderung darin liegt, die neuen Leser:innen langfristig zu binden.

Anschließend bekamen wir Einblicke in die Marketingstrategie des Hauses. Stefan Bromberg von RTL Brand & Marketing stellte uns unter dem Claim „Mehr Leben. Mehr Mut. Mehr stern.“ die neue Kampagne vor, die alle Kanäle von TV über Social Media bis Out-of-Home bespielt. Ziel sei es, Aufmerksamkeit zu erzeugen, Neugier zu wecken und vor allem jene Menschen zu erreichen, die bislang kaum Kontakt mit dem digitalen stern hatten, sagte er. Immerhin sind das rund 74 Prozent der potenziellen Zielgruppe, die es gilt, durch verschiedenste Marketingmaßnahmen auf die Marke aufmerksam zu machen. Besonders spannend war für uns, wie datengetrieben und vielfältig moderne Medienkampagnen heute angelegt sind: Rund 70 verschiedene Werbemittel werden parallel eingesetzt, um Reichweite, Engagement und Conversion zu steigern. Was früher mit einem TV-Spot und einer Printanzeige funktionierte, wird heute über TikTok-Clips, Podcasts, Newsletter und programmatische Ads gesteuert.

STERN Austausch mit Stefan Bromberg

Austausch über Marketingstrategie des stern mit Stefan Bromberg

Ein Highlight des Tages war die Teilnahme an der wöchentlichen Themenkonferenz, bei der die Redaktion aktuelle Projekte und Veröffentlichungen besprach. Dabei bekamen wir einen lebendigen Eindruck davon, wie vielfältig die Themen des stern sind, von politischen Analysen über gesellschaftliche Debatten bis zu investigativen Recherchen. Es wurde sich über die neu erschienene Haftbefehl-Doku, Online-Krankmeldungen und die geplante Tatort-Reihe ausgetauscht - für uns super spannend! Beeindruckend war vor allem, wie eng Redaktion, Digitalteam und Social-Media-Abteilung inzwischen zusammenarbeiten.

STERN Themenkonferenz

stern Themenkonferenz

Nach der Mittagspause waren wir gefragt: Im Brainstorming entwickelten wir Ideen, wie der stern künftig jüngere Zielgruppen besser ansprechen könnte. Heraus kamen kreative Ansätze wie eine Pub Class-Reihe nach dem Vorbild von „Wissen vom Fass“, ein Social-Media-Format mit Blick hinter die Kulissen der Redaktion oder eine neue Kinder- und Jugendausgabe namens sternchen. Unser Highlight bleibt die Idee eines limitierten stern Merchs, über den wir uns auch privat sehr freuen würden! Die Resonanz der Redaktion war ehrlich und wertschätzend: Einige Ideen fanden Anklang, andere passten weniger in die aktuelle Strategie, aber der Austausch war für beide Seiten sehr inspirierend.

Am Ende des Tages nahmen wir nicht nur viele Eindrücke, sondern auch ein neues Verständnis mit: wie viel Mut, Weitblick und Lernbereitschaft es braucht, um eine journalistische Traditionsmarke in die digitale Zukunft zu führen. Der stern steht beispielhaft für den Spagat zwischen Haltung und Innovation und zeigt, dass exzellenter Journalismus auch in einer KI-geprägten Zeit seinen Platz hat. Für uns als Studierende war dieser Tag eine eindrucksvolle Begegnung mit gelebtem Medienwandel: nahbar, inspirierend und voller Leidenschaft für Geschichten, die bewegen.