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FILM

HMS-Absolventinnen gewinnen "Storyteller"-Wettbewerb von RTL+

von LUISA MARIE SCHINDLER am 26.01.2024

Mit dem Serienkonzept "Von einer, die auszog, das Fürchten zu lehren" haben die HMS-Absolventinnen Elsa van Damke und Jana Forkel den "Storyteller"-Wettbewerb von RTL+ gewonnen. In Berlin fiel nun die letzte Klappe für den Dreh über die Geschichte vom Zimmermädchen Amelie, das nach einer Vergewaltigung Superkräfte entwickelt, um Sexualstraftäter zu erkennen und zu bekämpfen. Im Interview berichten Elsa und Jana über ihren Weg vom HMS-Studium bis zur Produktion der RTL+ Serie.

2024 01 Interview RTL Serie

Drehstart RTL+Serie ©Mitch Stöhring

Ihr habt mit eurem Konzept „Von einer, die auszog, das Fürchten zu lehren“ den „Storyteller“-Wettbewerb von RTL+ gewonnen. Wie ist die Idee der Story von dem Zimmermädchen Amelie entstanden?
Elsa: Ich habe das Konzept vor vier Jahren als Kinofilm aufs Papier gebracht, tatsächlich für meine Bewerbung an der HMS. Damals war das Konzept nicht nur als Kinofilm angelegt sondern auch inhaltlich unterschied sich der Stoff sehr von dem, was er nun geworden ist. Im Zentrum stand neben der Trauma-Verarbeitung einer Vergewaltigung noch die Rivalität zweier Freundinnen um einen Mann (auch ein Vergewaltiger lol) - eine Geschichte, die ich mittlerweile so nicht mehr erzählen möchte. Als von RTL+ die Ausschreibung kam, habe ich das Exposé an Jana geschickt und sie gefragt, ob Sie mir helfen könne, das Ding vom Kinofilm in eine Serie umzuschreiben, und ob sie im Allgemeinen Interesse hätte, mit mir an der Idee „Zimmermädchen wird vergewaltigt, bekommt Superkräfte und geht auf Männerjagd“ zu arbeiten - und sie war direkt Feuer und Flamme. Der Rest ist history.
Jana: Elsa hatte mir irgendwann während des Studiums mal eine Filmidee vorgelegt, die damals noch ungefähr eine Seite lang war. Trotzdem ging sie mir einfach nicht mehr aus dem Kopf und alle paar Monate kam ich wieder bei Elsa an und hab gefragt, was denn eigentlich damit ist. Im Rahmen des Storyteller-Wettbewerbs war dann relativ schnell klar, dass sich der Stoff super für eine Serie eignet. Dann habe ich mit Elsa noch etwas an den Figuren herumgedoktert, mir neue ausgedacht und wieder andere zusammengelegt, ganz viele nervige Fragen gestellt und meinen Senf zu Elsas Ideen gegeben. Zusammen haben wir dann ein neues Konzept vorgelegt und here we are.


Als Finalistinnen durftet ihr mit auf die sogenannte „Storytellers-Klassenfahrt“. Wie war das Erlebnis und was konntet ihr für Erfahrungen sammeln?

Elsa: Puh, die erste Klassenfahrt war wie ein Fiebertraum. Man war so aufgeregt und alles ging so schnell und plötzlich hatten wir gewonnen und haben beide mit unseren Müttern telefoniert, irgendwo im Nirgendwo in Brandenburg auf’m Acker. Es war sehr aufregend und unwirklich, wir waren schon sehr stolz und glücklich und haben tolle Bekannt- und auch Freundschaften aus dem ganzen Wettbewerb mitgenommen. Das Miteinander zwischen uns Finalist:innen war unglaublich heilsam und besonders, vor allem wenn man bedenkt, in was für einer Branche wir arbeiten - und das war irgendwie fast das Schönste! Dieses Jahr waren wir erneut mit - aber als Jurorinnen. Es war leichter, befreiter - und auch feuchtfröhlicher, aber man war umso aufgeregter für die Teilnehmenden des diesjährigen Wettbewerbs, weil man ja wusste, was die gerade innerlich durchmachen. Herzlichen Glückwunsch an die Jungs von „SOFTIES“ an dieser Stelle! :)
Jana:
Ich hab mich total auf die Klassenfahrt gefreut und hoffe, dass wir auch nächstes Jahr nochmal mitdürfen (müssen wir wahrscheinlich sogar, weil es gibt ja was zu präsentieren). Das ist so ein bisschen wie früher in der Jugendherberge, nur mit Erwachsenen und viel besserem Essen (und Alkohol). Natürlich ist es deutlich entspannter und mehr wie Urlaub, wenn man nicht unter den Kandidat:innen ist, aber selbst da habe ich mich gut abgeholt gefühlt und es hat sich mehr wie ein entspanntes Wochenende miteinander angefühlt, statt einem Pitching-Event. Ich finde ja sowieso, jede:r, der/die dort mit hinfährt, hat eigentlich schon gewonnen. Man bekommt 5000 € als Finalist:in für die Ausarbeitung des Umsetzungskonzepts, lernt dort tolle Leute kennen und wir haben gehört, dass ein paar Projekte aus unserem „Jahrgang“ mittlerweile auch selbst Produktions- und Entwicklungsaufträge an Land gezogen haben.

Habt ihr mit dem Sieg und den damit verbundenen 700.000 € Produktionsbudget gerechnet?

Elsa: Bei fünf finalen Teams ist man dem Sieg ja doch recht nahe. Wir wussten nach unserem Pitch jedoch so gar nicht, wie wir abgeschnitten hatten, denn obwohl wir extrem auf Joke geschrieben haben, blieb dem Publikum das Lachen wortwörtlich im Halse stecken. Im Nachgespräch gab’s dann aber sehr positives Feedback und sehr interessante Diskussionen und dann war wieder „alles offen“. Dass wir den Auftrag am Ende mit nach Hause nehmen, war dann einfach nur toll und der Beginn einer wilden Reise.
Jana:
Ich hab ehrlich gesagt gar nicht damit gerechnet. Als die anderen Teams ihre Projekte gepitcht haben, dachte ich schon „Scheiße, das war’s.“ Im Endeffekt glaube ich aber, dass wir das alle gedacht haben und das spricht ja auch für die Qualität der anderen Projekte. Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich zum Zeitpunkt des „Sieges“ keine Ahnung hatte, was 700.000 € in die Realität übersetzt bedeuten. Mittlerweile ist mir definitiv bewusst, was man mit 700k machen kann…und was nicht.

Wie fühlt es sich an, eine RTL+ Original Serie zu produzieren?

Elsa:
Es ist Fluch und Segen zugleich. Dass ich direkt nach Studienabschluss als Regisseurin meinen eigenen Stoff als Serie mit meiner Freundin schreiben und anschließend drehen durfte, ist absolut utopisch und krass. Das wäre in der Kürze der Zeit niemals und mit keinem Sender oder Streamer möglich gewesen. Ich verstehe die Zurückhaltung der Branche, mit Nachwuchs zu arbeiten. Es ist halt „Risiko“. Aber ihnen entgeht auch etwas, denn junge Stoffe, Blickwinkel und Geschichten fehlen meiner Meinung nach an allen Ecken und Enden. Und wenn’s dann mal klappt, wie bei einem Debüt, werden wir verbraten, indem wir komplett unterbudgetiert versuchen, uns bestmöglich in der Branche professionell zu etablieren. Nur weil RTL draufsteht, ist nicht RTL drin - was bei uns zwar für den Inhalt spricht, aber eben auch das Budget betroffen hat. Ohne die zwei Förderungen, die wir bekommen haben, Medienboard Berlin-Brandenburg sowie Förderung durch die VG Rundfunk aus Österreich, hätten wir das Projekt nicht umsetzen können. Eine Miniserie für 700k in Auftrag zu geben im Jahr 2023 ist wirklich hanebüchen. In jedem Fall, egal mit welchem Budget, muss man viele Streichungen und Abstriche machen und die tun immer weh. Was es jedoch bedeutet, ein derartiges Projekt zu den aktuellen finanziellen Bedingungen zu drehen, war mir nicht bewusst und ich weiß auch nicht, wie man mich darauf hätte vorbereiten können. Die Zahlen hören sich so groß an, vor allem, wenn man aus dem Studium kommt und 50 € für einen so sind, wie 5.000 € für andere - aber wir hatten für die gesamte Serie so viel Budget, wie andere Serienformate für eine Episode. Wir haben uns aber auch mit einer feministischen Superheldinnenserie mit intimen Szenen, Stunt, Props, Blut, SFX und VFX, alles aufgehalst, was man sich so aufhalsen kann. Ich habe zwischenzeitlich wirklich alles hinterfragt, vor allem mich selbst. Es war sehr beruhigend, dass mein Team mir immer wieder versichert hat, dass dieses Projekt auch für gestandene „alte Hasen“ in der Regie eine große Herausforderung wäre. Daran habe ich mich festgeklammert. Ich hatte ein unfassbar tolles Team am Set, denen ich wirklich alles verdanke und die mich endlos supportet haben. Kein Geld zu haben, bringt einen zu vielen tollen, smarten und auch lustigen Ideen, um die eigene Vision umzusetzen, aber ich weiß jetzt ganz klar, dass ich unter solchen Bedingungen nie wieder drehen möchte.
Jana:
Wie schon gesagt, mir war nicht bewusst, was die Zahlen bedeuten. Und mal ganz ehrlich: Für den Sieg hätte doch jede:r Studi alles getan. Wenn es dann also heißt „Kriegt ihr das auch umgesetzt mit dem Geld“? Ähh… Na klar! Da würde ja niemand sagen „Ne, das geht wahrscheinlich gar nicht, wir ziehen zurück.“ Weder Elsa noch ich haben Filmproduktion studiert und ehrlich gesagt möchte ich auch gar nichts mit den Zahlen und den Geldfragen zu tun haben, aber ich glaube, ganz drum rumkommt man nie. Trotzdem schließe ich mich Elsa absolut an, dass es ein wahnsinniges Privileg ist, überhaupt direkt nach der Uni, Arbeit in der Filmbranche zu finden. Und das Projekt ist (hoffentlich)ein Sprungbrett für uns und dafür bin ich unendlich dankbar. Wir haben durch das Projekt tolle Leutekennengelernt, mit denen wir in Zukunft gerne nochmal arbeiten wollen (und sie hoffentlich auch mit uns). Und ich glaube auch, dass wir ohne Storytellers niemals so frei gewesen wären, das zu erzählen, was wir erzählen wollen. Denn das ist manchmal unbequem und oft auch ein bisschen frech, aber so sind wir eben und man muss sagen, dass uns RTL inhaltlich kaum Vorgaben oder Einschränkungen gegeben hat. Wäre das Projekt also in einem anderen Rahmen entstanden, wer weiß, ob uns dann vielleicht öfter gesagt worden wäre „Das ist zu riskant, das können wir so nicht sagen/machen.“

Die Serie wird vermutlich dieses Jahr auf RTL+ zu sehen sein – was möchtet ihr potenziellen Zuschauer:innen noch mitgeben?

Elsa:
Schaut sie! Wir haben versucht, ein Format zu schaffen, das es so vorher noch nicht gegeben hat. Ich sitze aktuell im Schnitt und kann natürlich nicht unvoreingenommen auf das Materialschauen, aber ich glaube, wir haben etwas Tolles geschaffen - etwas, das ich mir früher selbst als junge Frau und Überlebende sexualisierter Gewalt gewünscht hätte.
Jana:
Ich hoffe sehr, dass die Zuschauer:innen Lust haben, mit uns in den Dialog zu treten und über die Serie zu diskutieren. Es ist definitiv eine polarisierende Geschichte und das finde ich auch gut so, denn je mehr darüber geredet wird, desto besser für das Thema - und für uns. Und selbst wenn Leute hate-watchen, naja, dann gucken sie’s ja trotzdem. Ich hoffe aber natürlich auch, dass die Serie nicht nur aufheizt, sondern auch berührt und vor allem ganz viel Spaß macht.