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Journalistin in China: Miriam Steimer über die Arbeit als ZDF-Auslandskorrespondentin

JIP-Absolventin Miriam Steimer leitet das ZDF-Auslandsstudio Ostasien in Peking. Angefangen hat sie dort, als in China extrem strikte Corona-Regeln galten: Lockdowns, Massentest, Zwangs-Quarantäne. Wie diese Zeit sie geprägt hat, was sich nach den Lockerungen geändert hat und warum Auslandskorrespondentin ihr Traumjob ist, erzählt sie im Interview. Außerdem spricht die Reporterin über ihre journalistische Arbeit in einem autokratischen Land, in dem jede Statistik besonders eingeordnet werden muss. In Sachen Pressefreiheit belegt China nämlich laut „Reporter ohne Grenzen“ Platz 179 von 180. Was das bedeutet und welche Eigenschaften ein:e Auslandskorrespondent:in mitbringen muss, lest ihr hier.

NL Miriam Steimer

ZDF-Auslandskorrespondentin Miriam Steimer

Miriam, du leitest das ZDF-Auslandsstudios Ostasien in Peking. Wie sieht ein typischer Arbeitstag von dir aus?

Miriam Steimer: Natürlich ist kein Tag wie der andere. Das ist in Redaktionen ja meistens so. Was allerdings immer gleich ist: Wenn wir im Team hier in Peking anfangen zu arbeiten, dann schläft Deutschland noch. Die Zeitverschiebung beträgt sechs Stunden. Ich nutze die Zeit morgens gerne, um Chinesisch zu lernen. Die Zeitverschiebung bedeutet auch, dass wir oft spätabends oder nachts arbeiten, wenn wir beispielsweise eine Live-Schalte ins „heute journal“ machen. Einen stereotypen Arbeitstag gibt es daher nicht. Wir reisen viel durch Ostasien, denn wir berichten nicht nur aus China, sondern zum Beispiel auch aus Japan oder Korea. Meine Korrespondenten-Kollegin Elisabeth und ich sind selten beide in Peking: mindestens eine ist eigentlich immer mit unserem Team unterwegs. Ich freue mich sehr darüber, reisen zu können, denn als ich hier ankam, war China noch im Null-Covid-Modus, mit extrem strengen Corona-Regeln. Bei der Einreise musste ich erstmal zwei Wochen in Hotelquarantäne und alle Chinesinnen und Chinesen, die ich in dieser Zeit gesehen hab’, trugen weiße Ganzkörper-Schutzanzüge. Ich lerne das Land gerade zum zweiten Mal kennen, was wirklich spannend ist.

Wann war es für dich klar, aus dem Ausland zu berichten, und warum?


Miriam: Auslandskorrespondentin ist mein Traumjob, ich bin immer schon gerne unterwegs gewesen, bin viel gereist, habe bereits aus verschiedenen Ländern berichtet – vor allem aus Frankreich. Dass ich jetzt aus Asien berichte, hat zwei Gründe: bei mir stand innerhalb des ZDF ein Jobwechsel an und die Stelle hier in Peking war zu der Zeit ausgeschrieben. Also habe ich die Chance ergriffen, obwohl ich zuvor noch nie in Asien war. Und ich bereue es nicht, obwohl das nicht mein langfristiger Plan war, eigentlich wollte ich in Richtung Frankreich. Aber ich habe die Chance gesehen und meinen Mut zusammengenommen für dieses Abenteuer.

Warum hast du dich für den asiatischen Raum entschieden?


Miriam: Die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im asiatischen Raum sind hochspannend – und für die gesamte Welt relevant. Journalistisch ist China eine Herausforderung: Die „Reporter ohne Grenzen“ setzen China bei der Pressefreiheit auf den vorletzten Rang – auf Platz 179 von 180. Jede Statistik, jede Zahl, die wir hier von offiziellen Stellen bekommen, ist immer auch eine politische – das thematisieren wir in unserer Berichterstattung und ist ein Unterschied zu anderen Ländern. Es ist sicher nicht das einfachste Land, um als Journalistin zu arbeiten, aber für mich ist es das Spannendste.

Welche Chancen, aber auch Herausforderungen hat der Job als Auslandskorrespondentin?


Miriam: Wir decken mit unserem Team ein sehr großes Gebiet von China über Korea bis zu den Philippinen ab. Selbst China ist ja von der Größe her eigentlich schon ein eigener Kontinent - mit extremen Unterscheiden innerhalb des Landes und vielen unterschiedlichen Kulturen. Ich bin jetzt seit fast eineinhalb Jahren hier, bekomme jeden Tag neuen Input und will irgendwann mal Zeit finden, das alles zu verarbeiten. Zudem ist China eben ein autokratisch regiertes Land, was unsere Arbeit oft schwierig macht. An Informationen zu kommen und Fakten zu verifizieren funktioniert hier ganz anders. Neu ist für mich auch die große Verantwortung für unsere Mitarbeiter:innen und unsere Interviewpartner:innen. Denn jeder, der vor unserer Kamera etwas sagt, muss mit Konsequenzen rechnen.

Welche Tipps hast du an Medienmenschen, die gerne als Korrespont:in arbeiten möchten?


Miriam: Offenheit und Neugierde. Ich frage mich jeden Tag, wenn ich irgendwo vorbeilaufe: Ach, was ist das denn, was ist da los? Das ist sehr wichtig für den Job – nicht nur als Auslandskorrespondent:in. Außerdem: entspannt bleiben. Ich bin kein Fan von Karriereplänen, denn es gibt so viele Faktoren, die Du nicht beeinflussen kannst. Und wenn sich eine Chance ergibt: sich trauen und die Herausforderung annehmen. Dann klappt es auch mit dem Traumjob.