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BUNTE KISTE

Die HMS: Geburtstort von Ideen, Innovationen, Inspirationen.

Was haben Altkanzler Helmut Schmidt und HMS-Mitarbeiterin Frederike Wettengel gemein? Die Frage ist sicherlich nicht leicht zu beantworten, deswegen verraten wir es: Sie wurden beide im Gebäude der Hamburg Media School geboren. Wie? In der Hamburg Media School? Ja, genau, denn vor der Nutzung als Kunst- und Mediencampus diente der imposante Rotklinker in der Finkenau 35 fast hundert Jahre lang als Geburts- und Frauenklinik.

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„Ach in der Finkenau! Das ist die Klinik, in der du geboren wurdest!“ Frederike Wettengel staunte nicht schlecht über die Reaktion ihrer Mutter, als sie von ihrem neuen Job bei der HMS erzählte. 37 Jahre ist das jetzt her, dass die HMS-Mitarbeiterin das Licht der Welt ausgerechnet an ihrem späteren Arbeitsplatz erblickte. „Seit 2009 arbeite ich mittlerweile hier und vorher kannte ich die HMS gar nicht, obwohl ich hier geboren bin“, erzählt Wetti, wie Frederike von ihren Kolleg:innen an der HMS genannt wird. „Ich habe natürlich keinerlei Erinnerung an diese Zeit. Ich weiß nur von meiner Mutter, dass es ein Zimmer am Kanal gewesen sein muss, in der ersten Etage, wo jetzt die HAW ihre Räumlichkeiten hat.“

Die HMS liegt in einer schönen Gegend: Vom Ufer des Eilbek-Kanals kommend, passiert man eine von vielen Bäumen gesäumte, schmale Straße, und auch vor und innerhalb des Gebäudekomplexes ist es grün. Eine kleine Oase, mitten in der Großstadt Hamburg. Die Mundsburg-Türme nicht weit entfernt. Im Eingangsbereich des Hauptgebäudes befindet sich die Brunnenskulptur „Mutter und Kind“ des Bildhauers Oskar E. Ulmer. Eine Frau hält einen Säugling in ihren Armen, und in den Sockel eingearbeitet befindet sich eine Platte aus Metall mit Baummotiv und Wasserhahn. Die Patina zeugt von der langen Geschichte. Das Wasser wurde mittlerweile abgestellt, aber die Symboliken – der Baum des Lebens, der Kreislauf des Wassers, Mutter mit Kind – sind ein Zeugnis der Historie des Gebäudes: Der Betrachtende steht vor einer ehemaligen Geburtsklinik.

C Hamburg Media School Wettengel

Das „Institut für Geburtshilfe“ war von 1911 bis 1914 nach Plänen des berühmten Architekten Fritz Schumacher in seiner Funktion als Oberbaudirektor der Stadt Hamburg erbaut worden. 86 Jahre lang war die Klinik und Lehranstalt für Schwestern und Hebammenschülerinnen in Betrieb. Rund 250.000 Kinder kamen hier zur Welt. Darunter das Erste am 14. Juli 1914, Helmut Schmidt dann am 23.12.1918 und Wettengel am 29.10.1985.

Trotz des neuen Nutzungskonzeptes als Kunst- und Mediencampus war die Krankenhausatmosphäre noch lange Zeit spürbar: „Die Flure waren zum Teil noch im Rohbau und auf manchen ungenutzten Gängen war es recht dunkel, die Türen geschlossen. Im Gebäude befanden sich überall Relikte aus der damaligen Zeit wie lederne Rollstühle, Krankenhausbetten oder Schilder mit der Aufschrift Zum Röntgen“, erinnert sich Wetti an ihre erste Zeit bei der HMS. In ihrem ersten Büro sei damals noch ein Speisenaufzug gewesen und generell in fast allen Räumen ein Waschbecken mit Spiegel an gefliester Wand. Diese sind mittlerweile entfernt. „Es hatte schon etwas Gruseliges, und ich habe mich manchmal gefragt, ob hier auch Menschen gestorben sind.“

Davon ist auszugehen, denn die Sterblichkeitsrate unter den Neugeborenen lag damals im internationalen Vergleich an einer traurigen Spitzenposition. Zirka eine Viertel verstarb in den Wintermonaten, und in den Sommern jeden Jahres waren es sogar gut die Hälfte aller Neugeborenen.

Auch der erste Weltkrieg prägte die Klinik: Manche Flügel des Gebäudes wurden als Lazarett für Verwundete genutzt. Nach dem Krieg konnte dann die eigentliche Aufgabe als Geburtsklinik wieder vollumfänglich weitergeführt und nach und nach Modernisierungen vorgenommen werden. Die verbesserte medizinische Versorgung sorgte schließlich dafür, dass die Säuglingssterblichkeit um mehr als 50 Prozent zurückging.

Beigetragen hat sicherlich auch der Aufbau des Bereichs Gynäkologie. Hier konnten fortan Operationen durchgeführt und somit die Frauengesundheit maßgeblich verbessert werden. Ab 1938 wurde aus dem „Institut für Geburtshilfe“ die „Frauenklinik Finkenau“.

Dann folgte der zweite Weltkrieg. Der Luftschutzbunker am Ende der Hauptflügel Richtung Osten erinnert heute noch daran. Im Jahr 1943 erbaut, erlaubte das massive Gebäude aus Beton, das mit einem Operations- und Kreißsaal sowie 40 Betten ausgestattet war, den Betrieb auch während des Krieges. Es ist ein Mahnmal, denn die Finkenau 35 beherbergt auch einen dunklen Teil der Geschichte: In der Klinik wurden während der NS-Zeit Zwangssterilisationen und -abtreibungen an Frauen durchgeführt und Babys von Zwangsarbeiterinnen durch systematische Vernachlässigung ermordet.

C Hamburg Media School Bunker MG 0387

Obwohl einige Gebäude bei Bombenangriffen schwer beschädigt worden waren, konnte die Klinik auch nach dem Krieg ihren Betrieb weiterführen. Geschlossen wurde die Geburts- und Frauenklinik erst im Jahr 2000, als mit dem Ausbau des Zentrums für Schwangerschaft, Geburt und Frauenheilkunde am Allgemeinen Krankenhaus Barmbek die Frauenklinik in die Asklepios Klinik Barmbek verlegt wurde.

Drei Jahre lang stand der Gebäudekomplex leer und die übergroße Frage im Raum: Was soll aus dem denkmalgeschützten Bau von Fritz Schumacher werden? Wie und wofür kann man die historische Substanz am besten nutzen? Wie das weitläufige Gelände sinnvoll erschließen? Wer soll hier zukünftig gestalten dürfen? Private Investoren? Die öffentliche Hand?

Im Jahr 2001 entwickelte dann der damalige Wissenschaftssenator der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Jörg Dräger, zusammen mit einigen anderen Gründungsvätern und -müttern ein neues Nutzungskonzept: In der Finkenau sollten Bildungsangebote für angehende Medienschaffende entstehen. Ein Leuchtturmprojekt für den Medienstandort Hamburg, gleichwohl ein Bestreben, den so wichtigen Nachwuchs für die Branche sicherzustellen. Die bis dahin dezentralen, medialen Bildungsstätten sollten an einem Ort gebündelt werden.

Als erstes zog die neugegründete HMS im Jahr 2003 ein. Es folgten die Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) mit ihrer Fakultät Design, Medien und Information (DMI), die Hochschule für bildende Künste (HFBK) und Hamburgs Bürger:innensender und Ausbildungskanal TIDE im Jahr 2010. Der Campus wurde um Neubauten erweitert und mittlerweile befinden sich auch eine Bibliothek sowie eine Mensa auf dem Gelände.

Wetti freut sich über die Entwicklung: „Hier ist mittlerweile so viel Leben auf dem Campus. So viele Studierende, Dozierende und Mitarbeitende. Mit vielen haben sich tiefe und langjährige Freundschaften entwickelt. Das ist mein Highlight hier. Ich gehe hier nicht nur zur Arbeit, sondern zu meiner HMS-Familie.“

Geburten finden hier also immer noch statt. Wenn auch keine Babys mehr, so doch Freundschaften.

Das ist das Besondere an der HMS: Kleine Gruppengrößen in den Studiengängen und den Weiterbildungsangeboten sowie ein niedriger Betreuungsschlüssel sorgen für eine familiäre Atmosphäre. Dadurch sind ein besonders intensiver Austausch und damit einhergehend die hohen Leistungsanforderungen an die Studierenden möglich.

Daraus geht viel Positives hervor. Studierende sowie Teilnehmende der Weiterbildungsangebote entwickeln (zuweilen in Teams) Ideen, Innovationen und Inspirationen, und gestalten somit in der geschichtsträchtigen Finkenau 35 Schritt für Schritt die Zukunft der Digital- und Medienbranche. Die Finkenau als ein Ort der Bildung, der Wissenschaft, der Forschung und der Kreativität. Dem Ort, an dem Wetti in wenigen Jahren ihr eigenes 20-jähriges Jubiläum feiern wird.


Danke, Wetti, für deinen Einsatz an der HMS. Du bist hier nicht wegzudenken.