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Fünf Fragen an... Adrian Feuerbacher

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Adrian Feuerbacher wuchs auf der Schwäbischen Alb und in Frankfurt am Main auf. In den 1990er-Jahren studierte er in Göttingen und Chapel Hill (North Carolina) Volkswirtschaft und Sozialwissenschaften und war als Reporter für mehrere private Radiosender unterwegs. Nach dem Examen kam er 1998 - wenige Wochen nach dem Start des Programms - als freier Mitarbeiter zu NDR Info, arbeitete zunächst vor allem für die Nachrichten, später überwiegend als Moderator. 2003 ging er für den NDR ins ARD-Hauptstadtstudio nach Berlin und berichtete für NDR 2, NDR Info und N-JOY fünf Jahre lang über Wirtschafts-, Sozial- und Familienpolitik, die rot-grüne Agenda 2010, die spätere große Koalition und die FDP. 2008 kehrte er nach Hamburg zurück und wurde Referent des NDR Programmdirektors Hörfunk. Seit August 2013 leitete Adrian Feuerbacher die Programmgruppe Politik und Aktuelles bei NDR Info, zu der auch der Reporterpool - die investigative Rechercheredaktion von NDR Info - sowie die Wirtschaftsredaktion gehören. Seit Anfang 2020 ist er Programmchef von NDR Info und Chefredakteur des NDR Hörfunks.


NDR Info gehört zu den Veranstaltern des dritten Constructive Journalism Days. Sie selbst werden den Fachkongress moderieren. Wie viel konstruktiver Journalismus ist schon Teil des NDR-Info-Programms und steckt auch in Ihrer Arbeit?
Die Suche nach lösungsorientierten Ansätzen ist Teil der täglichen Arbeit der Planer*innen und Reporter*innen von NDR Info. Unsere Reihe „Perspektiven“ in der Radio-Prime-Time am Morgen und der gleichnamige Podcast haben einen hohen Stellenwert. Das bedeutet nicht, dass wir auch jeden Tag fündig werden. Eine Erkenntnis der vergangenen Jahre ist: Die Recherche für die „Perspektiven“ ist aufwändig und braucht oft mehr Zeit. Könnten wir Lösungsansätzen noch mehr Raum im Programm geben? Bestimmt. Aber entscheidend bleibt die journalistische Qualität. Für die wenigsten größeren Probleme gibt es die eine, simple Lösung. Zumeist gibt es mehrere Ansätze, die Chancen und Risiken bergen, oft noch in den Kinderschuhen strecken oder unter Expert*innen umstritten sind. Diese Transparenz ist uns wichtig. Der Untertitel der „Perspektiven“ ist bewusst nicht „Die Lösung“, sondern „Auf der Suche nach Lösungen“.

Der konstruktive Journalismus ist in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Formate mit einem konstruktiven Ansatz nehmen zu. Hat die Corona-Pandemie dieser Entwicklung einen Dämpfer verpasst oder sagen sich viele Kolleg*innen „Jetzt erst recht!“? Wie nehmen Sie die Stimmung wahr?

Spannende Frage! Ich glaube, dass in den Monaten der Corona-Pandemie etwas interessantes passiert ist: In den Redaktionen sind so viele Reporter*innen wie noch nie auf die Suche nach Lösungen gegangen – ohne sich dabei Gedanken über konstruktiven Journalismus zu machen. Vom Impfstoff bis hin zum Home Office – die Suche nach Lösungen war schlicht das wichtigste Thema, es war das, was Hörer*innen, Zuschauer*innen und Leser*innen von uns erwartet haben. So gesehen ist Corona ein Schub für konstruktiven Journalismus. Ein dauerhafter? Da bin ich etwas skeptischer…

Nicht erst seit der NDR-Info-Produktion „Das Coronavirus-Update“ zählen Podcasts zu beliebten Medienformaten. Wie erklären Sie sich den Erfolg der Audio-Langformate?

Mit Podcasts ist ein Bewusstsein für die Möglichkeiten zurückgekehrt, die Audio bietet: Spannendes, vielschichtiges Storytelling, dialogisches Erzählen, größere Nähe, Natürlichkeit und Authentizität - Qualitäten, die wir im Radio mancherorts ein bisschen verlernt hatten. Manche Radiomacher*innen sehen lineares Radio und Podcasts als getrennte Welten, die wenig miteinander zu tun haben. Ich bin ganz anderer Meinung. Radio kann immens von Podcasts profitieren – und umgekehrt.

Und was bedeutet diese Entwicklung für das klassische Radio? Werden auch dort Beiträge wieder länger? Nimmt die Hörerschaft zu?


An welchen neuen Hörfunk-Ideen arbeiten Ihr Team und Sie derzeit? Was wird demnächst wichtig in der Produktion und Verbreitung von Hörfunk-Inhalten?


Frage 4 und 5 möchte ich gerne in einer Antwort beantworten. Zum Jahreswechsel vollzieht NDR Info die größte Veränderung seiner Programmgeschichte: Wir werden künftig rund um die Uhr und an sieben Tagen in der Woche Nachrichten, Hintergründe und Analysen bieten. Denn ab Januar produzieren und senden wir die die bundesweit ausgestrahlte ARD Infonacht, für die bislang der MDR verantwortlich ist. Musiksendungen, die wir bislang abends und nachts senden, sind künftig auf NDR Kultur, NDR Blue und N-JOY zu hören. Wir stärken also unser Informationsprofil und stellen unabhängige Berichterstattung und aufwendige Recherchen ganz in den Mittelpunkt.


Quelle Vita: NDR

Quelle Foto: NDR/Thomas Pritschet