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DIGITALER JOURNALISMUS

"Wir werden nicht müde" - Drei DJ-Studierende während der US-Wahlnacht

Oskar Newsroom

DJ-Student Oskar Vitlif im Newsroom der Tagesschau während der US-Wahlnacht.

Es ist ein Krimi, den die ganze Welt verfolgt: Die US-Wahl zwischen dem amtierenden US-Präsidenten Donald Trump und Herausforderer Joe Biden. Die Auszählung verzögert sich aufgrund der hohen Zahl der Briefwähler*innen stark. Nicht nur das macht die Wahl zu einem Weltspektakel. Auch wilde Twitterei, Spekulationen, ja gar Fake News werden sogar vom US-Präsidenten Trump höchstpersönlich verbreitet. In solchen Situationen müssen Journalist*innen, die über Fakten berichten sollen, aber sie auch einordnen wollen, einen kühlen Kopf bewahren. Aus dem Studiengang Digitaler Journalismus sind Martin Benninghoff (Frankfurter Allgemeine Zeitung/FAZ), Cornelia Jost (Schweizer Nachrichtenagentur Keystone) und Oskar Vitlif (ARD) direkt zur Wahlnacht im Einsatz, der auch Stunden nach Dienstschluss noch nachwirkt. „Ich habe um 22 Uhr begonnen und bin dann um 8 Uhr aus der Redaktion raus. Schlafen konnte ich aber eigentlich erst gegen 11.30 Uhr. Ich war völlig gehypt von den Eindrücken der Nacht“, erzählt Oskar. Für ihn ist es der erste große Einsatz während einer US-Wahl. „Die Nacht verging wie im Flug. Ich habe mich wirklich gewundert, wie schnell das alles ging – ich war im Adrenalinmodus.“

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Oskar, der seit einem Jahr den Masterstudiengang absolviert, steuert im Newsroom die Social-Media-Kanäle der Tagesschau. Dabei greift er auf geplante Inhalte zurück, reagiert aber auch auf akute Lagen, als etwa die Meldung kommt, dass die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen. Er ist beeindruckt von dem Interesse der User*innen: „Wir haben unsere aktuelle TV-Berichterstattung in der Nacht live auf Youtube gestreamt und waren dort auf Platz eins der Trends.“ Ermüdungserscheinungen gibt es bei den Nutzer*innen nicht, sagt er. Das bestätigt auch sein Kommilitone Martin Benninghoff, der die erste Schicht bei FAZ.NET während der Wahlnacht übernimmt – bis 1 Uhr. „Selbst Corona ist in diesen Tagen bei unserer Aufmachung eher in den Hintergrund getreten.“ Die Leser*innen stört es nicht. Denn es mangelt dem Wahlkrimi nicht an Stoff: „Wir haben natürlich geplante Inhalte, aber es gab in der Nacht und die Tage danach ständig Nachschub für Nachrichten – obwohl wir davon abgesehen haben, jedes Ergebnis von kleineren Staaten aufzumachen. Das war auch gar nicht nötig.“

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Schnelle Prozesse bei großen Lagen

Um Zahlen und Fakten zu prüfen, sind bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Redakteur*innen vom Dienst im Einsatz. „Wir verwenden natürlich immer mehrere Quellen, wenn Agenturen neue Zahlen vermelden – das prüfen wir genau und wägen ab, mit welchen Informationen wir rausgehen.“ Die FAZ-Journalist*innen decken während der US-Wahl 24 Stunden Berichterstattung ab – mit Zahlen und Fakten, aber natürlich auch mit Hintergründen zur Einordnung und Kommentierung der Ereignisse. Der Newsroom vernetzt dabei die Redakteur*innen. „Mit Abstand und Hygieneregeln klappt das gut – und es erleichtert die Arbeit, wenn ich dem Kollegen einfach etwas zurufen kann als alles zu tippen und rüberzuschicken“, sagt Martin – von schnellen Prozessen lebe die redaktionelle Arbeit, vor allem bei großen Lagen.

Cornelia Jost

Schnell reagiert hat auch Cornelia Jost, die wie Oskar und Martin Digitalen Journalismus an der HMS studiert. Sie jongliert in der Wahlnacht mit immer neuen Statusmeldungen und füllt damit einen Liveblog, den die Schweizer Nachrichtenagentur Keystone aufgesetzt hat und der sich auf anderen Newsportalen implementieren lässt. „Ich habe dafür vor allem die Meldungen der Deutschen Presse-Agentur (dpa), Tweets und auch Facebookposts verwendet“, berichtet sie von einer aufreibenden, aber vor allem spannenden Nachtschicht. Die Nachrichtensender CNN und FOX News, aber auch das Schweizer Radio und Fernsehen laufen dabei permanent. Cornelia steuert den Blog von zu Hause aus, wechselt sich dafür auch die nächsten Tage und Nächte der Auszählung mit einer Kollegin ab. „Wir wollten ein umfassendes Bild der Ereignisse liefern“, erklärt die Schweizerin, die sich auch nachts den Wecker gestellt hat, um neue Entwicklungen nicht zu verpassen. „Solche Dienste erfordern Spontaneität, die in unserem Job wichtig ist. Aber das macht ihn ja auch so spannend! Wir sind als Journalist*innen immer mittendrin im Geschehen – müde werden wir dabei nicht!“