HMS - BLOG

DIGITAL- UND MEDIENMANAGEMENT / STUDIERENDENLEBEN

„Wie wird man Philipp Westermeyer?" Ein Interview mit Studiengangsleiter Armin Rott

von MALEEN NEUMANN am 23.05.2023

ArminRott_OMR_Masterclass

Die OMR Masterclass von unserem Studiengangsleiter Prof. Dr. Armin Rott gehört zu einer der meistbesuchten Masterclasses beim OMR Festival. Teilnehmende erhalten wertvolle Tipps für die eigene Karriere in der Digital- und Medienbranche. Im Interview erzählte uns der Gründungsvater der OMR mehr über die beliebte Masterclass.

Du bietest diese Masterclass zum wiederholten Mal auf den OMR an und sie ist immer voll. Warum?

Wir möchten auf den OMR als Schule etwas wirklich Nutzwertiges anbieten. Das scheint auch zu funktionieren: Im Nachgang gibt es immer wieder sehr positives Feedback und gute Gespräche. Teilnehmerinnen und Teilnehmer loben, dass es sehr inspirierend war. Einige werden auch deutlicher: „Das war ein kleiner Tritt in den A…, sich wieder einmal systematisch mit den nächsten Karriereoptionen auseinanderzusetzen.“

Und Du weißt so genau wie man Karriere macht, weil… ?
… ich mich auch sonst maßlos überschätze (lacht). Und weil ich seit über zwanzig Jahren Karrieren auf den Weg bringe und über eine lange Zeit verfolge. Gerade in der Digital- und Medienbranche sind es über 400 HMS-Alumni mit denen ich mich regelmäßig austausche und höre, was geholfen und was gefehlt hat.
Im Untertitel der Masterclass verspreche ich auch, dass man bei mir lernt, wie man Philipp Westermeyer wird. Das ist natürlich Clickbait. Ich bin zwar Philipps früherer Professor und habe mit der Hamburg Media School, das OMR Festival auf den Weg gebracht, aber keiner will oder kann so sein wie jemand anderes. Es geht darum, den eigenen Weg zu finden. Aber ich glaube schon, dass er viel richtig gemacht hat. Auch weil er neugierig ist, gut zuhört und sich die Tipps anderer anhört und manchmal auch befolgt.

Ok, und wie lauten nun Deine 7 Tipps?

Die Tipps basieren auf der Beobachtung, dass Karrieren vor allem von fünf zentralen Erfolgsfaktoren abhängen: Persönlichkeit, Wissen, Erfahrungen, Kontakte und Gelegenheiten. Daran orientieren sich auch die ersten Tipps:

1. Persönlichkeit: Kenne Dich selbst, nicht nur Deine Interessen

Eine gängige Empfehlung lautet, bei der Karriere seinen Interessen (something you enjoy doing) oder seinen Talenten (something you do well) zu folgen. Das ist leider nur aussichtsreich, wenn man diese auch hat und klar benennen kann. Als Ökonom würde ich hinzufügen: Geld lässt sich damit aber auch nur verdienen, wenn diese Interessen und Fertigkeiten auch knapp sind und stark nachgefragt werden (something you get paid for) und für viele ist es auch ein idealistischer „Purpose“, der sie antreibt (something the world needs). Tatsächlich ist es aber wichtiger, seine eigene Persönlichkeit zu kennen und einen Job und ein Arbeitsumfeld zu finden, die dazu passen. Hilfreich ist da z.B. das Persönlichkeitsmodell der Big Five, das einem direkt ein paar Kategorien an die Hand gibt, mit denen man sich selbst beschreiben kann. Auch seine eigenen Werte zu kennen und benennen zu können, hilft aus meiner Erfahrung dabei, eine Karriere zu finden, die langfristig erfüllend ist. Entsprechende Selbsttests gibt es gratis im Internet und wer so etwas noch nie gemacht hat, wird sicher einiges über sich lernen. Diesen Persönlichkeitstest empfehle ich auch in der Masterclass.

2. Wissen: Investiere großzügig in Karrierekapital

Für mich ist es etwas unverständlich, wenn man sich in der Lebensphase, in der einem das Lernen leichtfällt und die Neugier am größten ist, auf die Work-Life-Balance konzentriert oder Quiet Quitting betreibt, also im Grunde Dienst nach Vorschrift macht. Das ist so, als ließe man seine Talente auf dem Talente-Girokonto vergammeln. Die Renditen von Investitionen in Bildung sind klar belegt. Dabei kommt es gerade am Anfang weniger darauf an, was man lernt oder wie nützlich dieses Wissen in der kurzen Frist ist. Je früher im Leben, desto planloser darf der Wissenserwerb sein. Hier kann man z.B. tatsächlich seinen Interessen nachgehen – auch um Interessen überhaupt erst zu entwickeln. Für das Studium rate ich: Bachelor nach Neigung, Master nach Plan. Wenn man wissen will, was man heute in der Digital- und Medienbranche braucht, dem zeige ich dann gerne das Curriculum unserer Studiengänge. Als praxisnahe Schule mit universitären Studiengängen müssen wir hier sehr darauf achten, dass die Sachen relevant sind aber auch wissenschaftlich Hand und Fuß haben.

3. Erfahrung: Teste Hypothesen, sammle Beweise und Zeugen

Tipp Nummer drei ermuntert dazu, konkrete Szenarien zu visualisieren oder Hypothesen darüber zu bilden, wie man (künftig) arbeiten möchte und diese systematisch zu testen. Durch Ausprobieren als Werkstudentin oder in Gesprächen mit Menschen, die in einem ähnlichen Job schon erfolgreich sind. Gerade letzteres ist mit viel weniger Aufwand verbunden als von einem Werkstudentenjob zum nächsten zu hecheln. Bei all dem sollte man auch „Beweise“ und „Zeugen“ sichern. Aber nicht so sehr in Form von Arbeitszeugnissen und Zertifikaten sondern als Arbeitsproben und Referenzen. An der HMS haben wir in die Studiengänge eine Reihe solcher Arbeitsproben eingebaut: Die Filmer drehen z.B. Kurzfilme und die Digital- und Medienmanager machen Praxisprojekte mit Unternehmen.

4. Kontakte: Nutze dein Netzwerk

Ok, Tipp vier klingt ein bisschen nach Glückskeks. Denn wer ahnt es nicht: Ein Netzwerk hilft bei der Karriere. Gleichzeitig fühlt man sich schlecht, wenn man kein geborener Netzwerker ist. Nach meiner Erfahrung unterschätzen die meisten Studierenden und Young Professionals, die ich berate, dass sie bereits über ein breites Netzwerk verfügen: Freunde, Verwandte, Mitstudierende oder Professorinnen sind naheliegende Kontakte, die man aber auch nutzen muss. Und: Diese Kontakte haben ihrerseits Kontakte. Auf LinkedIn kann man das ja heute leicht ausspähen. Da kann man doch mal um eine Intro bitten. Erstaunlich wie selten dies geschieht. Dabei ist es so viel einfacher als tagelang auf den OMR herumzuirren und auf Kontakte zu hoffen.

5. Gelegenheiten: Arbeite an Angeboten, nicht an Plänen, ergreife Gelegenheiten

Viele, die zu mir kommen fragen mich: Was passt zu mir? Branche X oder Y?. Beratung oder Strategisches Marketing? Konzern oder Startup? Mir kommt das immer so vor wie Kinder, die vor einer Losbude stehen und sich das Hirn zermartern, welchen Hauptgewinn sie sich aussuchen würden - Rosa Elefant oder hellblaues Einhorn. Mein Tipp: Einfach mal ein paar Lose kaufen! Im Ernst: Wie schwer ist es, ein paar Bewerbungen zu schreiben? Dann liegen im Idealfall mehrere Angebote vor. Und über die kann man sich Gedanken machen. Der Vorteil ist, dass man nun sehr viel konkretere Fragen stellen kann - nach den Faktoren, die die Jobzufriedenheit tatsächlich ausmachen. Und das sind nicht Branche, Funktion, Gehalt oder die Arbeitsbelastung. Tatsächlich geht es beim richtigen Job eher um die Frage: Wie komme ich mit der Chefin klar, sind die Kollegen ok, wie klar ist die Aufgabe definiert, wie gut ist das Feedback, wie stark wachse ich an meinen Aufgaben. Und noch etwas: Einfach mal Gelegenheiten ergreifen. Gerade im eigenen Unternehmen tun sich hier oft Chancen auf: Suche Dir das nächste Projekte, sage ja, wenn eine unangenehme Aufgabe ansteht. Sammle Beweise, suche nach Zeugen… na Du weißt schon: Tipp Nummer drei.

Alles klar. Das waren jetzt fünf Tipps. Fehlen zwei, oder?

Genau. Die sind Bonus und fragen etwas grundsätzlicher: Verfolge ich die richtigen Ziele, bin ich noch auf dem richtigen Weg?

6. Erfolg: Reflektiere Deine Ziele, korrigiere den Kurs

Meine Einladung ist hier, genauer über seine Ziele nachzudenken und sich bewusst zu machen, dass sich diese über die Lebenszeit ändern. Es geht um den nächsten Schritt der Karriere, nicht um die Karriere insgesamt. Deine idealistischen Ziele von heute können einem größeren Sicherheitsbedürfnis in der Zukunft weichen, z.B. wenn Du über eine Familie nachdenkst. Deine materiellen Bedürfnisse treten ab einem gewissen Gehalt in den Hintergrund usw. Das Gute dabei: Kurskorrekturen sind möglich. Nicht hektisch, aber mit ruhiger Hand ausgeführt, kann man mit kleineren Veränderungen viel erreichen. Aber manchmal muss man auch radikaler denken: Noch einmal an die Uni. Raus aus der Konzernfalle. Oder das Startup gegen einen Job im öffentlichen Dienst tauschen. Nur: Nicht bloß rumspinnen! Lose kaufen!

Und schließlich

7. Suche Erfolg, Sinn und Glück auch jenseits von der Karriere

Viele meiner Alumnigespräche zeigen: Selbst die erfolgreichsten Karrieren liefern auf Dauer oft nicht ausreichend Sinn oder Lebensglück. Wichtig scheint mir: Manchmal darf ein Job auch nur ein Job sein. Der richtige Partner oder die richtige Partnerin, Kinder, ein sinnvolles Ehrenamt, all dies stiftet oft mehr Sinn als die nächste Gehaltserhöhung. Deshalb auch hier: Lose ziehen! Chancen ergreifen!

Oder um es mit den Worten eines der großen Philosophen des 20. Jahrhunderts, nämlich Otto Waalkes unlängst bei der HMS-Absolventenfeier, zu sagen: Macht doch, was Ihr wollt. Aber macht was!

OMR Masterclass Armin Rott

Prof. Dr. Armin Rott in seiner Masterclass