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DIGITAL- UND MEDIENMANAGEMENT

Wie sich Medien entwickeln

von ELISABETH WURZER am 28.02.2017

Gleich sieben Referenten aus unterschiedlichsten Medien-Bereichen sprachen kürzlich im Rahmen des Media Innovation Day an der HMS.

„Print-Vorteile besser nutzen“


Das „Hamburger Abendblatt“. Eine Zeitung, die in Hamburg so unübersehbar und unumgänglich ist wie das Franzbrötchen beim Bäcker. Obwohl moderne Faktoren wie die Digitalisierung den Zeitungsmarkt halbiert haben, zeigt sich der Chefredakteur des „Hamburger Abendblatt“, Lars Haider, mehr als zuversichtlich, was die Zukunft von Tageszeitungen angeht. Man muss die Vorteile, die das Medium Print mit sich bringt einfach besser nutzen und den modernen Zeiten anpassen.

Haider erzählt etwa von der Elbphilharmonie und der Spezialausgabe, die das „Hamburger Abendblatt“ zur Eröffnung des Konzerthauses publizierte. Auf Hochglanzpapier wurde die Elbphilharmonie vorgestellt und das erregte so ein großes Interesse in den Hamburgern, dass die Ausgabe noch vor der eigentlichen Eröffnung des Konzerthauses restlos ausverkauft war und das bei einem Verkaufspreis von 35 Euro. Zudem erinnerte er daran, dass das „Hamburger Abendblatt“ eine der ersten deutschen Zeitungen war, die online einen Paywall eingezogen hat.

„Ein völlig neues Food-Verständnis“


Der Name Hermann’s ist den meisten wahrscheinlich noch nicht geläufig. Hermann’s ergibt sich aus dem Vornamen des Gründers von Bahlsen – ja, der Keksmarke. Verena Bahlsen und Deniz Ficicioglu, zwei von mehreren Hermann’s-Köpfen, planen mit ihrer Plattform eine globale Food-Revolution. Der Fokus liegt auf gesunder und nachhaltiger Ernährung. Das Thema ist Trend, dennoch ist sich kaum ein Laie bewusst, ob Chia-Samen, Goji-Beeren, Mandelmilch oder grüne Säfte wirklich gut für den Körper sind.

Grüne Säfte zum Beispiel sind keine wirkliche Food-Innovation, meint Verena Bahlsen, da wir Menschen noch immer Abendessen gehen wollen und sicher nicht darauf verzichten, um nur grüne Smoothies zu trinken. Man braucht eine gesunde Essenskultur, die sich in unseren Alltag einbinden lässt und man braucht eine Ernährung, die gut für uns und die Umwelt ist. Sie erzählten uns etwa von Ripple Foods, einer Milch aus Erbsen, die in den USA schon einigermaßen bekannt ist, in Europa aber noch nicht. Mit dieser Plattform sollen Retailer, Konsumenten, Innovatoren und die Food-Industrie miteinander verbunden werden. Ein erster Kristallisationspunkt wird der Hermann’s-Space in Berlin sein, der Anfang Juni in Berlin-Mitte eröffnet wird.

„IT is the key“


Die Medienbranche steht vor vielen Herausforderungen, erklärt uns Jens Unrau, Leiter Medien und digitale Entwicklung in der Senatskanzlei. Und vor welchen Herausforderungen steht der Medienstandort Hamburg heute und morgen? Heute bauen klassische Medienhäuser IT- Kompetenzen auf und kooperieren mit Technologieunternehmen. IT-Unternehmen werden selbst Content-Anbieter - wie etwa Apple mit iTunes. Social Networks beschäftigen nun selbst Redakteure, egal ob echte oder Roboter. Zielgruppen sind nicht mehr Zielgruppen, sie heißen heute vielmehr Communities of Interest.



Kein Wunder, dass es bei so viel neuer Konkurrenz und solch’ unvorhersehbaren Veränderungen zu Reibungen kommt, wenn alt auf neu trifft, „das ist dann Disruption“, erklärt Jens Unrau. Weiter meint er: „In den Medien sollte man voneinander lernen“, jenseits von Disziplinen wie TV, Gaming, Tageszeitungen oder Online. Jens Unrau begleitet auch die Initiative nextMedia.hamburg, die den digitalen Standort Hamburg fördert.

„Themen vom WG-Tisch machen“


Marieke Reimann ist stellvertretende Chefredakteurin bei ze.tt, dem jungen Online-Format der „Zeit“. Ze.tt interessiert sich für Themen, die ein junges, gut gebildetes und kritisches Publikum ansprechen, das mehr online als offline unterwegs ist. Das Themenspektrum reicht von Liebe & Sex über Essen und Politik bis hin zum Klimawandel. Die guten, alten Beziehungstipps sind derzeit „das beliebteste Thema“, erzählt uns Marieke Reimann. Eine Frage schwebt während ihres Vortrages im Raum herum: Wächst ze.tt mit seiner Zielgruppe eigentlich mit? Sie wird erst in einigen Jahren zu beantworten sein.
Marieke Reimann erzählt den HMS Studierenden von ze.tt

Marieke Reimann erzählt den HMS Studierenden von ze.tt

Es entwickelt sich eine interessante Diskussion zwischen der Redakteurin und uns angehenden Medienmanagern. Welche Probleme bringt es mit sich, dass ze.tt nur online ist? Sieht man sich als Konkurrenz zum Online-Auftritt der „Zeit“? Mit welchen Situationen haben Journalisten und Journalistinnen heutzutage zu kämpfen?Marieke Reimann erzählt, dass die wesentliche Reichweite von ze.tt über Facebook generiert wird. Und sie berichtet von ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Journalismus, der Schnelllebigkeit des Internets, dem Zeitdruck einer Onlineredaktion und den anonymen Hass-Kommentaren, denen man bisweilen im Web ausgesetzt ist.

„Machen was uns Spaß macht“


Jesta Brouns ist heute die Direktorin der Design Factory in Hamburg. Davor war sie als Art Director bei verschiedensten Magazinen (z.B. „Petra“ oder „Grazia“) tätig. Sie berichtet, dass man vor dem eigentlichen Launch einer Zeitschrift mit einer Dummy-Ausgabe herumreiste. So sollten potenzielle Werbekunden überzeugt werden. Die Arbeit machte Jesta Brouns zwar Spaß, dennoch war es ihr am liebsten mit Bildern oder Layouts Geschichten zu erzählen. Nach der stressigen AD-Zeit nahm sie sich eine Auszeit, ging auf eine Weltreise. Eine Entscheidung, die im Raum auf etwas Neid stieß - wer würde nicht gerne die große weite Welt erobern?


Als Jesta Brouns wieder nach Deutschland kam, kam das Angebot, die Direktion der Design Factory zu übernehmen. Sie konnte sich „nichts Besseres vorstellen“. Die Design Factory bietet Studienrichtungen im kreativen Bereich an und setzt Schwerpunkte unter anderem für Werbung, Branding, Motion Design und Editorial Design. Schwerpunkte, mit denen wir als Medienmanager sicher auch künftig ebenfalls zu tun haben werden.

„Schokoladenstück im Cornetto“


So bezeichnete sich Sabela Garcia, denn das Beste kommt zum Schluss. Die junge Spanierin ist gelernte Übersetzerin, lebte lange in Großbritannien und wurde durch die Liebe nach Hamburg gezogen. Heute hat sie „den besten Job der Welt“, wie sie sagt. Sie ist Programm Manager beim next media accelerator (nma) im betahaus in der Schanze. Aber was macht Garcia denn eigentlich? Sie meint: Sie sei „die Mama von Start-ups“, denn ihr Arbeitgeber, der nma, bietet ein sechsmonatiges Programm für Startups aus ganz Europa und Israel. Was ist das Ziel? Der Erfolg als Start-up im Medienbusiness mit originellen Ideen auf internationaler Ebene.Junge Start-ups können sich beim nma bewerben und werden sechs Monate lang unterstützt - nicht nur mit Geld, auch mit wertvollen Netzwerk-Kontakten. Mentoren, Investoren, Coaches, Kollaborationen, diese Stichworte elektrisieren Start-ups.
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Das sechsmonatige Programm von nma

Garcia erzählt vom bislang größten Erfolg: spectrm, heute ein führendes Unternehmen im Chatbot-Bereich. Aus drei Freunden wurden 15 Mitarbeiter, die sich sogar auf der f8, Facebook’s Developer Conference, vorstellen konnten.

Aber dieser Job reicht Garcia nicht. Ganz eigenständig hat sie das englischsprachige Magazin „Gute Leute“ veröffentlicht, indem Hamburger aus verschiedensten Ecken vorgestellt werden. Sabela Garcia ist einfach eine geborene Kommunikatorin und Organisatorin.
Sabela Garcia erzählt den HMS Studierenden von nma

Sabela Garcia erzählt den HMS Studierenden von nma

Insgesamt war der Media Innovation Day einmal mehr sehr vielfältig, sehr interessant und sehr inspirierend. Danke an die Referenten.